Wenn man den Aussagen von Menschen Glauben schenken darf, die Australien noch nie selbst besucht haben, dann herrschen zwei Vorstellungen über die dortige Tierwelt vor. Eine typische voller Klischees, in der Herden großer Kängurus, putzige, schlafende Koalas und Schwärme von Kakadus dominieren, und eine ängstliche, voll mit Albträumen über Massen an Gifttieren, gefährlichen Krokodilen und Haien, die überall lauern. Das Haus des Meeres aber hat sich auf das konzentriert, was Australien so einzigartig und besonders macht: seine Farben und seine Stimme, daher charakterisieren „schrill und bunt“ die neue Anlage am besten. Gepaart mit dem passenden optischen Ambiente bietet der 70 m lange Rundgang ein großartiges Erlebnis.


Ausgestaltung & Tierwelt
Für diese Australienanlage wurden dreiviertel des ehemaligen Rundganges um den Flakturm als begehbarer Wintergarten gestaltet, der von Besuchern und Tieren gleichermaßen benutzt werden kann. Drei der vier Plattformen sind als vergitterte Sonnenterrassen der Anlage angegliedert und sollen in der warmen Jahreszeit den Tieren die Möglichkeit geben, Sonnenlicht zu tanken. Den nördlichen Bereich des Rundganges dominiert ein sechs Meter langes Aquarium, das neben Regenbogenfischen die unseres Wissens nach die einzigen beiden Australischen Lungenfische Österreichs beherbergt, die man ruhigen Gewissens als lebende Fossilien bezeichnen kann. Tatsächlich existiert die Gattung der rezenten Australischen Lungenfische (Neoceratodus) unverändert seit der Unterkreide und damit seit mehr als 100 Millionen Jahren. Damals entwickelten sich gerade die ersten Blütenpflanzen und von einem Tyrannosaurus rex war noch nicht einmal die Rede! Der anschließende Bereich führt an einem Pflanzbereich vorbei zu einem künstlichen, durchbrochenen Baumstamm, der einiges über die giftige Tierwelt Australiens verrät. Danach überquert man eine gläserne Brücke, die einen flachen Teich überspannt, vorbei an weiteren Pflanzbereichen und typisch gestalteten Kunstfelsen, die den Weg säumen.

Bei den Tieren, die sich frei in der Anlage bewegen können, handelt es sich vor allem um verschiedene Sitticharten, die wie keine andere Tiergruppe die Farben und Stimme Australiens widerspiegeln. Neben den nur zu gut bekannten Wellensittichen, die bereits für Nachkommenschaft gesorgt haben, sind es zierliche Schmucksittiche mit ihrem auffälligen blauen „Stirnband“, Glanzsittiche, die in ihrer Farbenpracht keinen exotischen Schmetterling als Konkurrenz zu scheuen brauchen, große, farbenfrohe Rosellasittiche und Schwalbensittiche, die zu den am stärksten bedrohten Papageien überhaupt zählen. Sie alle teilen sich den Bereich mit den Besuchern. Bei diesen – zum Teil sehr rasch fliegenden – Gesellen empfiehlt es sich, sehr ruhig durch die Anlage zu gehen, damit sie knapp, aber doch in ausreichendem Abstand, an den Besuchern vorbeiflitzen können. Darüber hinaus wird der Australien-Rundgang von einem Paar Woylies bewohnt, mit 30cm Körperlänge eine der kleinsten Känguru-Arten überhaupt. Die auch unter dem Namen Bürstenschwanz-Känguru bekannten Tiere werden bevorzugt dann aktiv, wenn sich die Sonne langsam dem Horizont nähert. Ähnlich verhält es sich bei seinem mit 50cm Länge deutlich größeren Vetter, dem Roten Rattenkänguru, das mit seiner silbrigen Fellfarbe dem deutschen Namen gar nicht gerecht wird. Obwohl sie nicht scheu sind, braucht es manchmal doch Geduld, um sie sehen zu können. Es befindet sich aber immer ein Mitarbeiter in der Anlage, der einem gern die Tiere zeigt. Die Tiere sind natürlich auch noch nicht an Besucher gewöhnt, aber wenn es dann einmal so weit ist, dann kann es schon passieren, dass ein ungewöhnlich anmutendes Kerlchen an den Schuhen schnuppert.


Errichtung & Kosten
Bereits 2007 wurde die rundumführende Terrasse mit ihren markanten „Ohrwascheln“ vom Haus des Meeres eröffnet und bot ab diesem Zeitpunkt einen einzigartigen Blick auf die Stadt. Zehn Jahre später, im Zuge der Planungen für den Zubau, zerbrach sich die Verantwortlichen des Haus des Meeres intensiv mit Architekten, Haustechnikplanern und Kuratoren den Kopf über eine sinnvolle Integration der Terrasse in die zoologische Ausstellung. Aus Gründen der Sicherheit wurde ihnen eine komplette Einhausung ans Herz gelegt. Sie wollten aber den Besuchern weiterhin den fantastischen Blick auf die Stadt ermöglichen. Die nach Südwesten ausgerichtete Terrasse kann sich im Sommer ganz schön aufheizen, somit musste man bei der Planung eine Tierwelt wählen, die mit hohen Temperaturen umgehen kann. Ein passender Kontinent war zweifelsohne Australien.

2019 startete das Haus des Meeres schlussendlich mit den Bauarbeiten zur Einhausung der Terrassenfläche. Immerhin 260 m² in 35 m Höhe mussten maximal isolierend und gleichzeitig optisch transparent und „unauffällig“ wirkend eingehaust werden. Die Gesamtkosten des Projekts liegen bei rund 1,2 Millionen Euro, wobei knapp 90 % der Anlage bereits vor der Corona-Pandemie fertiggestellt wurden. Aufgrund der Corona bedingten Schließungen ist die Finanzierung des Restbetrages sehr schwergefallen. Auch Dank des großen Einsatzes der Mitarbeiter des Haus des Meeres ist es nun gelungen, die längst überfällige Eröffnung zu realisieren.

Weitere Informationen auf www.haus-des-meeres.at

Fotos: (c) Dominik Moser | Günther Hulla