Junge Menschen, die Respekt vor der Erfahrung haben und gerne den Rat von älteren Generationen suchen und reifere Menschen, die versuchen, die Sicht der Jungen nachzuvollziehen und verstehen, dass sie ebenfalls von jüngeren Generationen immer noch Einiges lernen können – ja so wünscht man sich die Welt. Was man aber stattdessen in den letzten Monaten beobachten konnte, ist genau das Gegenteil. Denn gerade jetzt erleben wir viele neue Brandherde, die die Konflikte zwischen den verschiedenen Generationen möglicherweise noch verstärkt haben.
Besonders in der Diskussion um die Umweltkrise und das Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit, merkt man immer wieder und ganz offensichtlich die Spannungen zwischen den Generationen. Während die Jugendlichen sich zu den Fridays For Future-Demonstrationen versammelten und ihren Unmut mittels Plakaten mit Aufschriften wie „Ihr seid schuld!“ und „Ihr habt unsere Zukunft zerstört!“ kund getan haben, schimpften einige ältere Herrschaften über Greta Thunberg und ihre jungen Anhänger. Diese sollten gefälligst erst mal etwas leisten und auf Autos und Smartphones verzichten, bevor sie den Mund aufmachen und Forderungen stellen.
„Okay, Boomer!“ ist auch so ein Ausspruch, den ich in den letzten Monaten vermehrt gehört habe und auch auf den diversen Social Media-Plattformen ist der Hashtag #OkBoomer immer noch beliebt. Er kommt natürlich – wie so vieles – aus Amerika und meint damit die Generation der sogenannten „Babyboomer“, den Menschen, die ungefähr zwischen 1950 und 1964 geboren wurden. Und was die Jugendlichen mit diesem Spruch meinen, ist so viel wie „Das verstehst du eh nicht, dafür bist du zu alt”. Manche Jungen feiern es als die neue, zeitgemäße Antwort zu dem seit Jahrzehnten und über Generationen beliebten „Das verstehst du noch nicht, komm zuerst mal in mein Alter“. Aber egal, wie es gemeint ist, es zeigt eine neue Facette der Jung-gegen-Alt-Konflikte.
Auch die Corona-Pandemie hat an manchen Stellen gezeigt, wie unterschiedlich die verschiedenen Generationen mit der Krise umgehen. Aussagen und Kommentare wie „Das Virus ist ja eh nur für die Alten oder Kranken gefährlich“ haben nicht bei wenigen für unverständliches Kopfschütteln gesorgt. Ab welchem Alter ist man denn zu alt und hat sein Ablaufdatum überschritten? Ab wieviel Jahren ist ein Menschenleben denn nicht mehr schützenswert? Hätte das Corona-Virus nur Kinder bedroht, hätte solche Aussagen wahrscheinlich niemand getätigt. Das macht offensichtlich, dass manche Menschen älteren Generationen einfach nicht dieselbe Achtung schenken.
Was aber auch Hoffnung gemacht hat, das sind die anderen, oft kleinen, Beispiele aus den vergangenen Monaten, die gezeigt haben, wie schön es sein kann, wenn Jung und Alt zusammenhalten. So sind Eltern und Großeltern mit den Kindern auf die Straße gegangen und haben gemeinsam mit ihnen für mehr Umweltschutz demonstriert. Da waren zum Beispiel die „Grannys for Future” mit ihren eigenen Plakaten unterwegs und haben die Fridays For Future Bewegung unterstützt.
Auch in Zeiten von Corona hat man Augenblicke des Zusammenhalts sehen können. So haben zum Beispiel viele junge Menschen ihre Hilfe angeboten und haben während und nach dem Lockdown fürältere oder gefährdete Verwandte, Freunde und Nachbarn Einkäufe und Besorgungen erledigt.
Vielen Familien ist außerdem bewusst geworden, wie wichtig die Unterstützung und Nähe von Oma und Opa eigentlich für sie ist, als sie plötzlich nicht mehr verfügbar waren. Vielleicht lassen uns all die großen Probleme, die uns vor allem dieses Jahr gebracht hat, doch auch ein bisschen näher zusammenrücken? Das wäre auf jeden Fall ein kleiner Lichtblick in dieser schwierigen Zeit.
Denn uns allen sollte doch klar sein, dass wir diese Krise und all die anderen Herausforderungen, die wir in der Zukunft zu bewältigen haben, nur gemeinsam lösen können. Keine einzelne Generation ist an etwas, das gerade in der Welt passiert, alleine schuld, denn wir alle leben auf diesem Planeten. Aber genauso wenig wird auch nur eine einzelne Generation die Erde retten und alle Schwierigkeiten der Menschheit alleine lösen können. Wenn wir irgendetwas bewegen oder verbessern wollen, dann benötigt es die Zusammenarbeit von vielen Menschen aller Generationen.
Denn natürlich können heute 16-Jährige nicht nachvollziehen, wie das Leben vor Internet und Social Media war. Und selbstverständlich versteht jemand jenseits der 60 nicht, wie es ist, jetzt, in dieser digitalisierten Welt, mit all den verfügbaren Informationen, aufzuwachsen und welche neuen Ängste und Sorgen das auslösen kann. Das Schöne ist doch, dass jede Generation ihre eigenen Erfahrungen und Weltanschauungen hat. Somit hat jede von ihnen einen ganz eigenen Blickwinkel und spezielle Fähigkeiten, die sie einbringen kann. Und wenn man objektiv ist, dann erkennt man auch, dass manche Sachen tatsächlich früher besser waren. Aber auch, dass sich viele Dinge glücklicherweise geändert und erst im Laufe der Zeit zum Besseren gewandelt haben. Wir brauchen die Erfahrung der Älteren und die neuen, unvoreingenommenen Ideen der Jüngeren, um in dieser Welt etwas zu bewegen.
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