Vor ein paar Jahren bin ich gemeinsam mit meiner besten Freundin nach Paris gereist. Ein Traum, den wir uns schon länger erfüllen wollten. Natürlich wollten wir so viel wie möglich sehen. Im Vorfeld haben wir eifrig eine Liste mit all den Sehenswürdigkeiten erstellt, die wir unbedingt sehen wollten. Fünf wunderbare Tage waren wir in der Stadt der Liebe und haben so gut wie alle Must-Sees, die in unseren drei Reiseführern aufgelistetwaren, abgeklappert. Hoch hinaus auf den Eifelturm? Natürlich! Verlaufen im Louvre? Selbstverständlich! Eine Messe in der Basilika Sacré Coeur besuchen? Auch das haben wir erlebt! Hunderte Kilometer, dutzende von Warteschlangen und tausende Fotos später, sind wir nach knapp einer Woche wieder in Schwechat gelandet. Wir haben fast alles gesehen, was wir sehen wollten – aber wir waren auch komplett fertig. Ehrlicherweise hätte ich mich, gerade eben erst am Flughafen gelandet, am liebsten gleich in den nächsten Flieger gesetzt und wäre in den nächsten, hoffentlich etwas erholsameren Urlaub gestartet. Im Nachhinein betrachtet, hätte ich vielleicht lieber weniger gesehen und die Zeit in Paris noch mehr genossen. Dieses Phänomen ist offenbar kein Einzelfall und wird auch als „Touristen-Burnout“ bezeichnet. Wenn Urlauber möglichst viele Sehenswürdigkeiten oder Aktivitäten in eine gewisse, oft zu kurze, Zeitspanne packen wollen und dabei vergessen, innezuhalten und den Augenblick zu genießen. Vielen ergeht es dann wie meiner Freundin und mir und sie sind nach der vermeintlichen Auszeit noch erschöpfter als vor dem Urlaub. Aus diesem Grund gibt es die immer beliebter werdende Bewegung des Slow-Travels.

„Slow Travel“ bedeutet wortwörtlich „langsames Reisen“. Es ist eine Weiterentwicklung der „Slow Food“-Bewegung, die als Gegenpol zum Fast Food entstanden ist. Hierbei geht es um regionales, nachhaltiges und biologisches Essen. Und Slow Travel ist seinem Vorreiter von der Idee her sehr ähnlich. Bei diesem Trend geht es darum, die Reise bewusst und intensiv wahrzunehmen und den Augenblick voll und ganz auszukosten. Nicht, indem Quantität vor Qualität stellt, sondern sich wirklich die Zeit nimmt, die neue, fremde Umgebung des Urlaubslandes zu erkunden. Es geht darum, Verbindungen zu schaffen, fremde Kulturen und ortsansässige Menschen kennenzulernen und die gesamte Erfahrung so gut es geht auszukosten. Das geht natürlich am besten, wenn man Abstand von herkömmlichen Massentourismus und Pauschalreisen hält und sich stattdessen auf eine individuelle und auf einen persönlich abgestimmte Reise begibt. 

Denn sind wir mal ehrlich: Oft wird man als Tourist vom Gefühl geleitet, man könnte etwas verpassen oder dass man etwas unbedingt gesehen haben muss – auch, wenn es einen selbst vielleicht gar nicht so sehr interessiert. Aber zumindest kann man dann behaupten, dass man diese oder jene Sehenswürdigkeit auch schon mit eigenen Augen gesehen hat. Kommt Ihnen das vielleicht bekannt vor? Der Endeffekt ist, dass man sich brav mit hunderten anderen Touristen vor einer Attraktion anstellt, nur um dann ein Foto als Erinnerung zu machen, das anschließend höchstwahrscheinlich irgendwo in den Unweiten des Computerspeichers für alle Ewigkeit verschwindet. Wäre es da nicht wesentlich netter, man verbringt die Zeit mit etwas, das einem wirklich etwas bringt? Möge das Spaß, Entspannung oder einfach nur eine schöne Zeit sein. Beim Slow Travelling geht es darum, die Reise mit allen Sinnen zu genießen und gleichzeitig die Idee aufzugeben, man könnte eventuell irgendwo irgendetwas versäumen. 

Genaue Vorgaben und Richtlinien gibt es beim Slow Travelling natürlich nicht. Viele Langsam-Reisende nehmen sich ein Vorbild an der heimischen Bevölkerung des Urlaubsziels. Man reist also mit den örtlichen Verkehrsmitteln, isst in den kleinen Restaurants fernab der Touristenlokale und entdeckt Orte, die meist in keinem Reiseführer zu finden sind. Fragen Sie doch einfach mal einen Einheimischen, welche Plätze für ihn die schön-sten in seiner Heimat sind. In den seltensten Fällen wird eine große Tourismus-Attraktion die Antwort sein. 

Auch bei der Unterkunft setzt der Slow Traveler eher auf alternative Unterkünfte anstatt auf große Hotels. Appartements oder andere private Unterbringungen machen das Erlebnis in der fremden Stadt noch persönlicher – unter anderem auch, weil man sich nicht auf das hoteleigene Restaurant verlassen kann, sondern sich selbst versorgen muss. Das wiederum bietet die Möglichkeit, verschiedenste Märkte, Cafés und Restaurants zu erkunden und so auch kulinarisch auf Entdeckungsreise zu gehen. 

Den Begriff „Nachhaltigkeit“ findet man auch immer wieder, wenn man sich mit dem Trend des Slow Travels beschäftigt. Viele Langsam-Reisende verzichten nach Möglichkeit auf das Flugzeug und entscheiden sich für  die längere (und langsamere), aber dafür auch umweltschonendere Anreise mittels Bus oder Bahn. Am Urlaubsziel angekommen, versucht man ebenfalls möglichst viel zu Fuß oder auch per Fahrrad zu erreichen. 

Alles in allem bedeutet Slow Travel zur Ruhe zu kommen, den Urlaub ganz und gar zu genießen, sich einfach treiben zu lassen und eben auch langsam zu reisen, denn so hat man genügend Zeit um auch die kleinen und schönen Dinge der Welt zu entdecken.